Auf der Suche nach...


„Onii-chan?! Wo bist du?!“ rief eine verzweifelte, jugendliche, Mädchenstimme nach ihrem Bruder. „Satoshi! Wo bist du?! Hörst du mich? Ich bin es, Naomi!“ Neben der jungen Schülerin stand Satoshis Klassenkameradin und rief ebenfalls nach ihrem Freund. Als sie aufgewacht war, war Yuka neben ihr auf dem Boden gelegen, und als diese aufgewacht war, hatte sie natürlich gleich angefangen zu weinen. So war Yuka eben, aber Naomi verstand es, immerhin war Yuka noch ziemlich jung, und hatte einen leichten Bruderkomplex. Es war für Naomi auch selbstverständlich, dass sie Yuka half nach Satoshi zu suchen, auch wenn sie wusste, das Satoshi wahrscheinlich gar nicht hier bei ihnen sondern in einer anderen Version der Schule war. So wie damals. Etwas nervös rieb sie sich ihren rechten Arm und sah sich um. Hier war ihr einfach nicht wohl, aber das war wohl auch natürlich, immerhin waren sie das letzte Mal gerade so entkommen… Außerdem hatte Naomi doch… „Seiko…“ murmelte sie mit ihrem traurigen Blick welcher auf den Boden ging. Was wenn Seiko sie trotz dieser beruhigenden Nachrichten hasste? Was wenn sie hier auftauchen würde um sich zu rächen? Naomi wurde diese Gedanken einfach nicht los. Sie schüttelte den Kopf etwas. Was machte sie da nur? Sie durfte nicht so denken, sonst würde sie nur wieder von der Dunkelheit übermannt werden, wie das letzte Mal. Sie ging zu Yuka und nahm ihre Hand. „Komm, gehen wir weiter. Vielleicht finden wir ihn ja wo anders.“ Die 15jährige blickte zu der älteren auf und nickte, ihre Augen waren etwas rot vom weinen. Naomi lächelte nur zuversichtlich, ehe sie sich mit der kleinen auf den Weg in den ersten Stock machte. Wo wäre es wohl am Besten, wenn sie suchen würden? Das war die Frage die Naomi gerade in ihrem Kopf herum schwirrte. Vielleicht würden sie einen Weg in den 2.Flügel der Schule finden, oder im Eingangsbereich war vielleicht auch gut mal nachzusehen… „Pass auf!“ hörte Naomi Yuka gerade noch rufen, als sie etwas unter ihren Füßen spürte. Sie war so in Gedanken gewesen, dass sie gar nicht gemerkt hatte, wo sie war und in was, order vor allem wen sie da gestiegen war. Sie blickte auf. „Suzumoto-san…“ Sie war also immer noch hier. Naomi und Seiko hatten damals ja nicht gewusst, wer das hier gewesen war, aber man hatte ihr alles erklärt und so konnte sie nicht anders als den Haufen von Fleisch und Blut mitleidig anzusehen. Wie konnte dieses arme Mädchen nur so grausig sterben? Wie konnte hier überhaupt jemand sterben? Warum nur war diese Schule so grausam, sie verstand es einfach nicht!

„Shige-nii…“ Yuka und Naomi blickten auf als sie diese Stimme vernahmen. Das war doch…! „Suzumoto-san!“ rief Naomi und ging auf den leuchtenden Geist zu. Der Anblick war zwar nicht der schönste, aber Mayu war immer noch eine Freundin, und Naomi wollte mit ihr reden. Mayus Kopf hob sich und drehte sich zu Naomi. Kurz herrschte Stille und dann… „Shige-nii…“ sagte sie erneut, nur unheilvoller als das letzte Mal, und ging langsam auf Naomi und Yuka zu. Yuka fing aus Angst an zu weinen und Naomi packte die Jüngere sofort am Arm und zog sie mit als sie los lief. „Das kann doch sein!“ rief sie verzweifelt. Mayu war doch so nett gewesen, so sanft und zuvorkommend! Warum, warum ging sie nun auf ihre Freunde los? Ja, die Schule veränderte einen, aber doch nicht so! „Schnell! Hier lang!“ hörte die Braunhaarige eine Stimme. Sie kannte sie, aber ihr war nicht bekannt von wo… Egal, besser als von Mayus Geist gefangen zu werden! Sofort lief sie zu den Treppen, wo sie einen Schopf weißer Haare um die Ecke sausen. Unten im Erdgeschoss angekommen sah sie das Mädchen vor sich. Sie war doch im Teehaus ihrer Klasse gewesen. „Du bist…“ fing sie an doch das Mädchen deutete ihr, dass nun keine Zeit dafür war. „Wir können später reden, erst Mal müssen wir hier weg, kommt!“ meinte sie ernst und hielt die Tür zum Verbindungsgang auf. Also war der Weg zum zweiten Flügel wirklich offen! Das war gut! Sofort lief Naomi mit Yuka los, dicht gefolgt von dem Mädchen, welches ihnen die Tür aufgehalten hatte. Schwer keuchend standen Yuka und Naomi nun im Eingangsbereich des Anbaus. Sie waren gerade noch so entkommen und das nur dank des Mädchens. Suzumoto schien ihnen auch nicht zu folgen… Das war gut, endlich konnten sie sich etwas erholen. „Danke“ meinte Naomi schwer atmend zu dem Mädchen. Dieses lächelte einfach nur sanft und verbeugte sich kurz. „Ich kann niemanden alleine lassen, oder gar sterben lassen.“ Ihr Blick wurde, als sie das Lächeln löste, wieder emotionsloser. „Mein Name ist Kimiko Morishige. Wir haben uns im Teehaus der Kisaragi Schule gesehen, oder?“ fragte sie ruhig. Naomi nickte. Sie wusste nun auch wieder, wer das Mädchen war. Kishinuma hatte ihr erzählt, dass ein Mädchen in ihr Teehaus gekommen war, und dass sie Morisiges Schwester sei. „Ich bin Naomi Nakashima, und das ist Yuka“ meinte sie ruhig. Kimiko nickte nur. „Ich weiß… Mein Bruder hat mir viel von euch erzählt.“ Naomi war nun doch etwas überrascht. Vergaßen die Angehörigen und Bekannten nicht die, die hier starben? Kimiko verstand Naomis Blick und seufzte etwas.

„Nun… Seit ich hier aufgewacht bin, kann ich mich wieder erinnern… An Sakutaro…“ meinte sie und sah nun doch sehr betrübt zu Boden. Natürlich tat das weh, fand zu mindest Naomi, sie verstand es sehr gut. Auch wenn Seiko nicht ihre Schwester war, jemanden zu verlieren, den man liebte, war immer schwer. „Nochmals danke für deine Hilfe Morishige-chan“ Kimiko lächelte leicht. Seit sie sich wieder erinnern konnte, ging es ihr auch so etwas besser. „Es ist schon okay, ich habe es gerne getan. Außerdem! Nenn mich ruhig Kimi. Ich werde lieber bei meinem Vornamen angeredet“ Naomi nickte. „Ä…ähm…“ Die Beiden sahen zu Yuka welche schniefend neben ihnen stand und leicht an Naomis Rock zog. „I… ich muss mal Pipi…“ Kimiko machte große Augen bei dem Kommentar. Pipi? War dieses Mädchen etwa 4, oder wie? Sie mochte es nicht, wenn man sich kindlicher stellte, als man war. Naomi hingegen störte so was nicht, sie kniete sich zu Yuka. „Komm… wenn ich mich nicht irre, ist oben eine Toilette für Mädchen“ Kimiko seufzte etwas. „Ich wäre mir da nicht so sicher… Mochida-kun meinte, dass sich einige Bereiche hier verändert haben“ Naomi und Yuka sahen auf. „Du hast Onii-chan gesehen?“ Kimiko nickte und erzählte dann alles, von ihrem Erwachen, dem Treffen mit Satoshi und auch über dessen plötzliches Verschwinden. Sie wusste genauso wenig wo der Andere war. „Ich weiß auch nur noch, dass mich etwas gepackt hat… Ich bin dann im Chemielabor der Schule aufgewacht.“

Naomi seufzte erneut. Keine Spur von Satoshi also? Auch Yuka stimmte das traurig, sie wollte doch nur zu ihrem geliebten Bruder. Kimiko merkte, was sie da wohl angerichtete hatte und lächelte leicht. „Lasst uns lieber mal nach oben sehen. Vielleicht haben wir ja Glück und finden eine Toilette für Yuka-chan“ Hoffentlich lenkte das die Mädchen ab. Naomi nickte und nahm wieder Yukas Hand. „Genau… gehen wir!“ Sofort ging sie los, von Raum zu Raum in Richtung der Treppen. Sie versuchte nicht zu viel auf die Leichen zu achten. Das war für sie immer noch ein schrecklicher Anblick. Yuka ging es nicht anders, doch einen der Körper sah sie sich an. Sie kannte diese Stelle hier, und obwohl hier nur Knochen waren, schien das Blut noch so frisch… Sofort sah sie weg. Nein, sie durfte da nicht daran denken, sonst bekam sie nur noch mehr Angst, und sie wollte nicht noch dringender auf die Toilette müssen. Kimiko folgte den Beiden still, Naomi kannte sich hier sicher besser aus als sie, also war sie so auf der sicheren Seite. „Du wurdest von ihm angegriffen, oder?“ Kimiko blieb stehen. Wer redete da mit ihr? Es kam von hinten… Sie drehte sich vorsichtig um und sah vor sich einen Geist. Er hatte kurze Haare, eine Schuluniform war blutüberströmt und aus ihm heraus quollen seine Eingeweide. Jemand musste diesen armen Jungen vor seinem Tod richtig ausgeweidet haben, so wie es aussah. „Mh… Wen meinst du denn?“ fragte sie den Geist ruhig. Sie war sich ja noch nicht ganz sicher, welcher Art der Geist angehörte. So schmerzhaft wie sein Tod gewesen sein musste, konnte es gut sein, dass dieser Geist vor ihr eigentlich Böse war, so wie der von dem sie vorhin geflüchtet waren. Der Geist sah sie ernst aber auch traurig an, als er den Namen aussprach. „Yuuya Kizami“